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Mittwoch, 15.09.2010

          

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Krake Paul – Der Prophet aus der Tiefe

Paul ist ein Star – er orakelte treffsicher sechs Spiele der deutschen Mannschaft und hat weltweit Millionen Fans. Aber was für ein Tier ist er eigentlich und was machen seine wilden Verwandten, die sich auch im Mittelmeer vor Mallorca tummeln?

Ein Krake ist in aller Munde – und das ausnahmsweise mal nicht in kleinen, appetitlichen Häppchen sondern als heimlicher Star der Fußball-Weltmeisterschaft. Krake Paul verzaubert die Fußballwelt, weil er ein ums andere Mal die Ergebnisse der Spiele der deutschen Nationalmannschaft richtig vorhergesagt hat. Das verrückte daran ist: Die Wahrscheinlichkeit, sechs Spielé hintereinander bei einer Chance von 50 zu 50 korrekt vorherzusagen, liegt gerade einmal bei 1,25 Prozent.

Jetzt sind auch die Spanier ganz verrückt nach ihm. Als Paul am Freitag im Sealife-Aquarium in Oberhausen zielsicher die Plexiglasbox mit der spanischen Flagge öffnete, war allen klar: Spanien wird Weltmeister. Was soll da noch schiefgehen, mit einem Orakelspruch des berühmtesten Kraken der Welt im Rücken.

Nach zwei vorhergesagten Siegen für Spanien könnte man meinen, Paul käme aus dem Mittelmeer, aber weit gefehlt. Obwohl seine Verwandten sich auch an Spaniens Küsten tummeln, unser Paul ist Engländer. Er wurde im Jahr 2008 im Atlantik an der Küste von Weymouth in Dorset gefangen. Im Alter von drei Monaten kam er als Winzling nach Oberhausen. Seinen Namen erhielt er aus dem Gedicht „Der Tintenfisch Paul Oktopus“ von Boy Lornsen.

Heute ist Paul 2 ½ Jahre alt und für einen „Octopus Vulgaris“, so sein wissenschaftlicher Name, schon ein alter Herr. In der freien Natur werden Kraken selten älter als zwei Jahre. Sie gehören zu den Weichtieren und leben meistens auf dem Meeresboden. Ihre Hauptnahrung besteht aus Krabben, Muscheln und Schnecken.

Das Leben eines Kraken beginnt in einem Ei. Ein einziges Weibchen kann zwischen 120.000 und 400.000 Eier ablegen, die es sorgfältig bewacht. Man kann also davon ausgehen, dass Paul noch eine große Verwandtschaft im Atlantik hat.

Die Eier werden im seichten Gewässer in Spalten und Höhlen abgelegt. Dafür braucht das Weibchen bis zu einem Monat. Nach 25-65 Tagen schlüpfen hundertausende winzige Kraken. Die Weibchen fressen während der ganzen Zeit fast nichts, viele von ihnen sterben völlig entkräftet, wenn die Larven geschlüpft sind.

Gewöhnliche Kraken können eine recht beachtliche Größe erreichen. Vom Kopf bis zu den Spitzen der Fangarme werden sie bis zu einem Meter lang, ihre Spannweite kann bis zu zwei Meter betragen. Sie haben acht Fangarme, die mit zwei Reihen Saugnäpfen besetzt sind. Um alle Arme gleichzeitig steuern zu können, besitzen sie ein ausgeklügeltes Nervensystem. Jeder ihrer Fangarme hat ein eigens Nervengeflecht und kann sich auch ohne Beteiligung des Haupthirns bewegen.

 

Kraken gelten als sehr klug. In vielen Tests schnitten sie besser ab, als die meisten Säugetiere.

Paul hat gelernt, dass in den Plexiglasboxen leckere Muscheln auf ihn warten und wie man da herankommt. Für Kraken ist das nichts Ungewöhnliches. Es gibt sogar Artgenossen, die ohne Probleme Schraubverschlüsse aufbekommen. Kraken sind unglaublich geschickt und weil sie kein Innenskelett besitzen, kommen sie in die kleinsten Ritze und Spalten.

Seine Wahl trifft Paul  übrigens nicht nach der Flaggenfarbe oder irgendwelchen optischen Kriterien. Obwohl  er mit seinen hochentwickelten Linsenaugen sehr gut sehen kann, verlässt er sich beim Orakeln doch eher auf seinen Geruchssinn. Er kann die Muschel in den Behältern im Wasser riechen und entscheidet sich für den Behälter in dem die, seiner Meinung nach, leckersten Muscheln liegen - so einfach ist das.

Apropos lecker – jährlich werden über 30.000 Tonnen Paul und Paulines aus dem Meer gefischt und landen auf dem Teller der Menschen. Seit den 60er Jahren sinken die Fangmengen kontinuierlich, was auf einen Rückgang der Population schließen lässt. Genaue Untersuchungen dazu gibt es aber noch nicht.

Paul wir aber auf keinen Fall auf einem Teller enden, auch wenn Spaniens Ministerpräsident das schon befürchtet hatte und ihn nach Spanien holen wollte um ihn davor zu retten  „dass die Deutschen ihn aufessen“.

Einige  Briten wiederum beschimpfen den gebürtigen Engländer als Verräter, andere wollen ihn als TV-Kommentator einsetzen, weil er im Gegensatz zu vielen Sportjournalisten nicht zu viel redet, dafür aber ausgezeichnete Fachkompetenz bewiesen hätte.

Auch wenn einige Tierschutzorganisationen ihn am liebsten in im Meer aussetzen wollen, wird Paul wohl die restlichen Monate seines Lebens nach dem WM-Trubel, friedlich im Sea-Life Aquarium in Oberhausen verbringen.

Bei der Europameisterschaft in zwei Jahren müssen wir uns dann wohl leider nach einem neuen Orakel umsehen. Welches Tier dann auch immer dieses schwere Erbe antreten wird, an Paul wird es wohl kaum heranreichen.

Fotos: Sea Life Center - Oberhausen



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