Tsunami Gefahr auf Mallorca?
Algerien 21. Mai 2003, 18.44 Uhr: 20 Kilometer vor der Küste, nordöstlich von Boumerdès bebte die Erde mit einer Stärke von 6,8. Zwischen der eurasischen und der afrikanischen Platte lösten sich in etwa elf Kilometern Tiefe die angestauten Spannungen.
Minuten später waren in der unmittelbaren Nähe des Epizentrums 2266 Menschen tot – mehr als 10.000 werden verletzt.
Auf den Balearen war das Beben kaum zu spüren, aber es löste etwas aus, das die Bewohner der Küsten mehr fürchten als alle Stürme zusammen. Ein Tsunami raste mit 300 Stundenkilometern auf die Küsten Mallorca und Ibizas zu.
Nach 54 Minuten, um 20.45 Uhr veränderte sich das Meer. Das Wasser zog sich plötzlich um bis zu 150 Meter zurück – ein untrügliches Zeichen für einen Tsunami..
Kurz darauf rollten zwei etwa zwei Meter hohe Wellen heran und trafen die Inseln. Sie überspülten die Strände und Küstenstraßen und rissen alles mit sich was ihnen in die Quere kam. Im Hafen von Palma und auf Ibiza wurden fast 200 Boote, einige Fischerhütten und einige Autos zerstört. Als das Wasser sich zurückzog, gingen Teile der Hafenmauer von Santa Eulària auf Ibiza zu Bruch. Verletzt wurde niemand. Die Sachschäden gingen in die Millionen.
Dabei war das Beben vor Algerien nicht einmal besonders stark.
Tsunamis sind im Mittelmeer keine Seltenheit. Etwa 10 Prozent aller aufgezeichneten Riesenwellen ereignen sich hier. Seit dem Jahr 1900 wurden mindestens 13 registriert, die meisten allerdings im östlichen Mittelmeer bei Griechenland und Süditalien. Nicht alle haben so wenig Schaden angerichtet wie die relativ kleinen Wellen auf den Balearen.
Aus historischen Quellen geht hervor, das einige der Wellen Höhen von bis zu 25 Metern erreicht haben. Die letzte dieser Riesenwellen ist noch gar nicht so lange her: 1956 löste ein Seebeben zwischen Griechenland und der Türkei einen bis zu 25 Meter hohen Tsunami aus – 53 Menschen starben.
Noch verheerender war das sogenannte Messina-Beben 1908. Ein Seebeben in der Straße von Messina mit einer Stärke von 7,2 zerstörte die gleichnamige Stadt fast vollständig. Kurz darauf raste dann auch noch ein Tsunami auf die Küste zu. Insgesamt starben zwischen 72.000 und 110.000 Menschen.
Die Gefahr für Mallorca und Spanien ist weit niedriger im Vergleich zu den stärker gefährdeten Gebieten in Süditalien und Griechenland.
Aber nicht nur die Mittelmeerküste, sondern auch die spanische Atlantikküste wird regelmäßig von Tsunamis heimgesucht. 1755 zerstörte ein Beben und die darauf folgende Welle die Stadt Huelva. Über 90 Quadratkilometer des Gebietes wurden bis zu fünf Meter hoch überschwemmt.
Spanische Forscher der Universität von Kantabrien sind der Überzeugung: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich solch eine Katastrophe wiederholt. Dennoch gibt es keinen Notfallplan.
Zwar kommt eine solch verheerende Riesenwelle nur äußerst selten vor, aber wenn es passiert, wäre mit weit größeren Zerstörungen zu rechnen als vor 255 Jahren. Denn die spanischen Küsten haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Überall sind Touristenzentren gewachsen, Millionen Menschen bevölkern im Sommer die Strände.
Nicht auszudenken was passieren würde, wenn ein Seebeben oder auch ein großer Erdrutsch mitten in der Urlaubssaison eine Welle auslösen würde.
Dabei hatte der kleine Tsunami auf Mallorca und Ibiza die Forscher aufgeschreckt. Bereits vor fünf Jahren hat der spanische Tsunami Ausschuss einen Vorschlag für ein Frühwarnsystem ausgearbeitet.
Aber ein Phänomen, das nur alle paar Jahrhunderte, dann aber mit verheerender Wirkung auftritt, scheint die Politiker nicht zur Eile zu treiben.
Forscher fordern immer wieder dass Vorbereitungen getroffen werden müssen. Bisher stießen sie in Spanien allerdings auf taube Ohren.
Genauso war es auch in den Ländern am indischen Ozean – bis Weihnachten 2004 etwa 230.000 Menschen ihr Leben verloren. Erst nach dem Beben wurde ein Frühwarnsystem installiert, das es im Pazifik schon Jahre vorher gegeben hatte.
Niemand kann mit Sicherheit sagen wann der nächste Tsunami die Balearen oder die spanische Festlandküste trifft. Bisher gibt es keine sicheren Vorwarnsysteme für Erdbeben. Aber tausende Menschen an den Küsten könnten im Fall der Fälle gerettet werden, wenn die Politik den Aufforderungen der Forscher endlich folgen würde.
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